Canon EOS R – Funktionen und Leistung
Wie schneidet die Canon EOS R nach ihrer Markteinführung aus heutiger Sicht ab?
Die leistungsstarke, aber konservative spiegellose Vollformatkamera bietet scharfe 30,3 Megapixel und öffnet die Tür zu Canons spektakulären RF-Mount-Objektiven. Dennoch gibt es genug Kompromisse – die beschnittene 4K-Auflösung, der einzige Speicherkartensteckplatz und der fehlende IBIS -, um die Konkurrenz von Sony, Nikon und Panasonic zu übertrumpfen, und auch die EOS RP ist eine starke Konkurrenz.
Pros
- Großartige Steuerungsanpassung
- 5.655(!) Fokuspositionen
- Vollständig schwenkbarer Bildschirm
- M-Fn-Leiste
Cons
- Keine In-Body-Stabilisierung
- Abgeschnittenes 4K-Video
- Einzelner SD-Kartensteckplatz
- M-Fn-Leiste
Als sie 2018 auf den Markt kam, wurde die Canon EOS R für einige ihrer rätselhaften Einschränkungen kritisiert. Zwei Jahre später – mit einem niedrigeren Preis, einigen Firmware-Verbesserungen und einer ausgereiften RF-Objektivreihe – ist die EOS R jedoch eine überzeugendere und leistungsfähigere Kamera als bei ihrer Einführung.
Vergleich mit ähnlichen Kameras:
Die Canon EOS R ähnelt den anderen spiegellosen Vollformatkameras auf dem Markt, wie der Sony A7 III und der Nikon Z7. Sie verfügt jedoch über einige einzigartige Funktionen, die sie von der Konkurrenz abheben.
So hat die EOS R beispielsweise einen schnelleren Autofokus als die A7 III und die Z7 und kann 4K-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufnehmen, während die A7 III nur 4K-Videos mit 24 Bildern pro Sekunde und die Z7 nur 4K-Videos mit 25 Bildern pro Sekunde aufnehmen kann.
Spezifikationen
- Sensor: 30,3MP Vollformat CMOS, 36 x 24mm
- Objektivanschluss: Canon RF
- In-Body-Bildstabilisierung: Nein
- Bildprozessor: Digic 8
- AF-Punkte: 5.655 Dual Pixel AF-Positionen
- ISO-Bereich: 100 bis 40.000 (exp. 50 bis 102.400)
- Maximale Bildgröße: 6.720 x 4.480
- Belichtungsmessungsmodi: Auswertend, partiell, Spot, mittenbetont
- Video: 4K UHD bei 29.97p, 25p, 24p, 23.98p
- Sucher: EVF, 3,69m Punkte, 100% Abdeckung
- Speicherkarte: SD / SDHC / SDXC
- LCD: 3,15-Zoll-Touchscreen, voll schwenkbar, 2,1 Mio. Punkte
- Maximale Serienbildgeschwindigkeit: 8fps
- Konnektivität: Wi-Fi, Bluetooth, NFC
- Größe: 135,8 x 98,3 x 84,4 mm (nur Gehäuse)
- Gewicht: 580 g (nur Gehäuse; 660 g mit Akku und Karte)
Wichtigsten Merkmale
In mancherlei Hinsicht ist die Canon EOS R genau in der Mitte der spiegellosen Produktpalette angesiedelt. Sie verfügt über einen 30,3-MP-CMOS-Sensor im Vollformat, der mit dem der 5D Mark IV DSLR vergleichbar ist.
Die beiden Sensoren haben viele Gemeinsamkeiten. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die EOS R mit dem Dual Pixel CMOS AF der 1D X Mark II über ein Phasendifferenzerkennungssystem verfügt – und über atemberaubende 5.655 Fokuspositionen, die 88% des Bildes horizontal und 100% vertikal abdecken.
Einzigartig in der Produktpalette ist die M-Fn-Multifunktions-Touchleiste – ein Experiment, das schnell wieder verworfen wurde, da viele Nutzer/innen der Meinung waren, dass sie schlecht positioniert und inkonsistent genug ist, um am nützlichsten zu sein, wenn sie ausgeschaltet ist.
Der elektronische Sucher mit 3,69 Millionen Punkten und der 3,15-Zoll-Touchscreen mit 2,1 Millionen Punkten sind beide mehr als brauchbar, auch wenn sie mit höheren Auflösungen für 2020er Verhältnisse unspektakulär sind. Leider hat die EOS R ein weiteres, weniger erfreuliches Beispiel von der 5D Mark IV übernommen: Ihre 4K-Videos werden mit dem gleichen 1,7-fachen Crop aufgenommen, was sich auf die Schärfentiefe auswirkt und bedeutet, dass deine RF- und EF-Objektive nicht mehr so breit sind (aus einem 24-mm-Objektiv werden 40,8 mm). Die gute Nachricht ist, dass die Kamera mit C-Log ausgestattet ist und intern mit 4:2:0 8-Bit im Rec. 709-Farbraum und extern mit 4:2:2 10-Bit im Rec. 2020-Farbraum aufzeichnen kann – allerdings mit maximal 4K 30fps und 1080p 60fps. Was EF- und EF-S-Mount-Objektive angeht, erreicht die EOS R (und das R-System insgesamt) dank des EF-EOS R-Mount-Adapters (der oft im Lieferumfang der Kamera enthalten ist) eine native Leistung mit fast allen DSLR-Optiken (mit Ausnahme einiger älterer Gläser).
Das bedeutet, dass du dein Gehäuse aufrüsten und deine vorhandenen Objektive weiter verwenden kannst. Außerdem kannst du alle aktuellen Canon-Gläser nutzen, wenn sie noch nicht in einem RF-Äquivalent erhältlich sind (oder billiger als dieses sind). Außerdem kannst du mit den Drop-In Filter Mount Adaptern jedes EF- oder EF-S-Objektiv mit Polfiltern oder variablen ND-Filtern versehen. Die EOS R verfügt außerdem über einen beeindruckenden ISO-Bereich von 100-40.000 (erweiterbar auf 50-102.400) und kann bis zu -6EV autofokussieren, was sie für Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen besonders geeignet macht. Wenn du gerne nachts fotografierst oder viele Hochzeiten an schwach beleuchteten Orten fotografierst, könnte dies ein echter Vorteil sein. Und wenn du die beste Kamera für Astrofotografie suchst, ist die Canon EOS Ra die einzige Vollformat-Astrokamera auf dem Markt.
Aufbau und Handhabung
Wenn das Innenleben etwas hinter den Erwartungen zurückbleibt, übertrifft das Äußere der EOS R diese zweifelsohne. Das Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung schreit förmlich “Qualität” und fühlt sich ebenso robust wie fantastisch an. Wie nicht anders zu erwarten, ist sie deutlich schlanker als ihre DSLR-Kollegen; wo die 5D Mark IV ein dickes Backofenstück ist, ist die EOS R eine Pommes frites. Das führt natürlich dazu, dass sich größere Objektive – das Canon RF 85mm f/1.2L USM (öffnet in einem neuen Tab) und insbesondere das Canon RF 28-70mm f/2L USM (öffnet in einem neuen Tab) – auf dem kleineren Gehäuse unausgewogen fühlen. Dies kann jedoch mit dem BG-E22 Batteriegriff ausgeglichen werden (der im Gegensatz zu Nikons MB-N10 Multi-Power Battery Pack für die Z-Gehäuse über einen Auslöser und ein Einstellrad für vertikale Aufnahmen verfügt).
Das soll nicht heißen, dass größere Objektive nicht gut genug mit der EOS R zurechtkommen; selbst die beiden oben genannten Objektive sind für jeden, der schon einmal eine 1D X mit einem Zoomobjektiv herumgeschleppt hat, handlich. Zum Glück gibt es jetzt aber auch eine Reihe kleinerer RF-Objektive, darunter das brillante Canon RF 35mm f/1.8 Macro STM. Für welches RF-Objektiv du dich auch entscheidest, vor dem manuellen Fokusring wirst du einen zusätzlichen Eingang bemerken: den Steuerring. Dieser kann programmiert werden (oder inaktiv bleiben, wenn du es vorziehst), um Blende, Verschluss, Weißabgleich oder ISO einzustellen, was eine zusätzliche Dimension der Kontrolle und Anpassung bietet. Videofilmer zum Beispiel werden von der Möglichkeit, einen Blendenring im Kino-Stil zu haben, begeistert sein. Mit dem Control Ring Mount Adapter kann dieser Eingang auch an jedem EF- oder EF-S-Objektiv angebracht werden.
Wie bereits erwähnt, wurde die berührungsempfindliche M-Fn-Leiste unterschiedlich aufgenommen, obwohl wir sie wirklich nützlich finden. Wir haben sie so eingestellt, dass eine Berührung, ein Tippen oder Wischen den ISO-Wert verändert, sodass wir das gesamte Belichtungsdreieck steuern können, ohne den Blick vom EVF abzuwenden. Wenn du möchtest, kannst du die Funktion ganz ausschalten oder sie so sperren, dass sie erst aktiviert wird, wenn du deinen Daumen eine Sekunde lang auf die linke Seite hältst. Ob du die M-Fn-Leiste magst oder nicht, hängt von der Größe deiner Hände ab und davon, wie du deine Kamera hältst. Fotografen mit größeren Handschuhen neigen dazu, das Gehäuse mit ihrem Daumen genau dort abzustützen, wo die Leiste sitzt, was zu einem unglücklichen Tastendruck führt. Und natürlich sitzt sie genau dort, wo ein Joystick sitzen könnte – aber dafür musst du dich für die Canon EOS R6 (öffnet in neuem Tab) oder R5 entscheiden.
Stattdessen verfügt die EOS R über “Touch and Drag”. Damit kannst du die Hälfte des LCD-Bildschirms als ein großes Trackpad verwenden, wenn du durch den EVF schaust, und deinen Daumen wie einen Joystick über den Bildschirm ziehen, um deinen Fokuspunkt auszuwählen. Auch hier hängt es von der Größe und Ausdehnung deiner Pfoten ab, wie elegant diese Lösung für dich ist, aber wir hatten keine Probleme, über die 5.655 Fokuspunkte zu gleiten.
Leistung
Der 30,3-MP-Sensor, der Digic 8 Prozessor und die RF-Objektive der EOS R liefern eine beeindruckende Bildqualität. In unseren Labortests hat sie die Canon 5D Mark IV, die Sony A7R III und die Nikon Z7 (öffnet in einem neuen Tab) in Bezug auf das ISO-Rauschen weit hinter sich gelassen, aber die 5D Mark IV ist eine ältere Kamera und die A7R III und die Nikon Z7 sind auf Auflösung ausgelegt, nicht auf wenig Licht. Daher schnitt die EOS R bei der Auflösung nicht so gut ab – aber das ist keine Überraschung angesichts der 45,7-MP-Sensoren der Z7 und der 42,4-MP-Sensoren der A7R III. Die EOS R zeigte bis ISO 400 einen besseren Dynamikumfang als die Sony, aber insgesamt konnte sie auf dem Papier nicht ganz mit ihren Konkurrenten mithalten.
Direkte Vergleiche werden durch die Zwischenstellung der EOS R erschwert. Nikon, Sony und Panasonic bieten jeweils einen erschwinglichen 24-MP-Allrounder und ein teureres hochauflösendes Modell an – die EOS R liegt zwischen diesen beiden Typen und lässt sich nur schwer einordnen. Die Tests zeigten einige interessante Unterschiede zur 5D Mark IV, von der viele aufrüsten werden. Die Sensoren in beiden Gehäusen schienen so ähnlich zu sein, dass wir erwarteten, dass ihre Leistung identisch sein würde; die DSLR schneidet jedoch bei der Farbgenauigkeit und dem Dynamikumfang sowie bei der Auflösung bis ISO 800 etwas besser ab.
Wenn es darauf ankommt, sind die praktischen Ergebnisse der EOS R kaum zu beanstanden. Im Stresstest in der prallen Mittagssonne und in der Dunkelheit der Mitternachtsstunde ist die Bildqualität durchweg beeindruckend und die Dateien werden in der Nachbearbeitung fast identisch mit denen der 5D Mark IV verarbeitet. Die magische “Canon-Farbwissenschaft”, von der jeder spricht, ist so gut wie eh und je. Wenn es um Hauttöne geht, spielt die A7R III nicht in derselben Liga und während die Nikon die Lücke schließt, hat die Z7 noch Nachholbedarf.
Selbst im Vergleich zu Canons neuesten Kameras schneiden die Bilder der EOS R immer noch gut ab. Natürlich erreichen sie nicht die Auflösung der 45-MP-R5, aber sie übertreffen die 20,1-MP-R6 und die 24,2-MP-RP deutlich. Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen sind wirklich beeindruckend: Selbst ein schwacher Lichtschein reicht aus, damit die EOS R den Fokus findet und scharfe, saubere Ergebnisse liefert. Das Gleiche kann man allerdings nicht von den Videoaufnahmen sagen. Der 1,7-fache Crop im 4K-Modus ist schwer zu übersehen und noch schwerer zu verzeihen, vor allem, wenn er auf 30 Bilder pro Sekunde begrenzt ist. Der 1080p-Modus ist natürlich unbeschnitten, aber auf 60 Bilder pro Sekunde begrenzt – für Zeitlupen mit 120 Bildern pro Sekunde musst du auf 720p heruntergehen. Kurz gesagt: Die EOS R ist zwar eine solide Fotokamera, aber bei weitem nicht die beste Videokamera auf dem heutigen Markt.
Canon EOS R: Fazit
Bei ihrer Markteinführung bezeichneten wir die Canon EOS R als fähig, anpassbar, aber kompromisslos. Zwei Jahre später ist sie dank einer verbesserten Firmware und eines günstigeren Preises viel attraktiver geworden.
Sie leidet immer noch unter denselben Einschränkungen, nämlich dem fehlenden IBIS und dem beschnittenen 4K-Bild, aber ihr 30,3-MP-Sensor macht sie immer noch zu einem attraktiven System. Wenn es dir jedoch nichts ausmacht, 6 MP an Auflösung zu verlieren, empfehlen wir dir die Canon EOS RP, da sie zu einem noch günstigeren Preis die gleichen Ergebnisse liefert.